DES-Projekt Hochschulschriften: Was bringt der Osterhase?
Das DES-Projekt „Hochschulschriften“ hüpft seit Dezember 2021 fröhlich voran, wie der CompGen-Blog regelmäßig berichtete. Heute folgt – aus gegebenem Anlass – ein hoffentlich humorvoller Rückblick über österliche Meilensteine.
Kinder glauben an den Osterhasen, DES-Admins glauben an die Fertigstellung von Erfassungsprojekten. Dieser Glaube treibt uns seit nunmehr über vier Jahren an. In dieser Zeit ist es uns gelungen, in drei Projekten, die den Dissertationen deutscher Universitäten und technischer Hochschulen gewidmet sind, an die 65.000 Einträge in höchster Qualität zu generieren. Derzeit wird der 25. Jahrgang über das akademische Jahr 1909/1910 korrekturgelesen.
Heute folgt eine bunte Rückschau über österliche Meilensteine. Ein Rückblick an Ostern ist dabei besonders passend, da Semester damals von Ostern bis Michaelis dauerten, und also viele Doktoranden um diese Zeit herum fertig wurden.

Ostern
Den Anfang macht niemand Passenderes als Dr. jur. Karl August Ostern. Er hat seine juristische Dissertation an der Universität Gießen im Jahr 1898 eingereicht. Sein Thema hängt im Entfernten auch mit Geschenken zusammen: „Die Schlüsselgewalt der Frau nach dem Rechte des B.G.B.“ Die Idee kam ihm wohl auch an Ostern, nachdem er fünf Stunden vergeblich Schokoladeneier gesucht hat. Vielleicht hat es seine Frau mit mit dem Versteckspiel übertrieben… (Im DES korrekturgelesen am 23. Februar 2023)
Zehn Jahre zuvor, im Jahr 1889, hat der Tierarzt Dr. med. Robert Ostertagseine Dissertation an der Universität Freiburg eingereicht. Er wurde promoviert über „Die tödliche Nachwirkung des Chloroforms. Experimentelle Untersuchungen“. Also aufpassen, die Eier nicht mit Chloroform färben! Dr. Ostertag könnte anschließend als Direktor des hygienischen Instituts der tiermedizinischen Hochschule Berlin zahlreicher weitere Dissertationen betreut haben – übrigens nicht nur an Ostern. (Im DES korrekturgelesen am 26. Mai 2022)
Dass Ostern stets auf einen anderen Kalendertag fällt, hat schon frühere Geister beschäftigt. Gleich zwei Dissertationen widmen sich der Bestimmung des Osterfestes. Der Dekan und Kreisscholarch Dr. phil. Joseph Schmid forschte über das Thema „Die Osterfestberechnung auf den britischen Inseln vom Anfang des vierten bis zum Ende des achten Jahrhunderts“. Seine Dissertation reichte er am 9. Juli 1904 in Königsberg ein, er arbeitete aber in Regensburg. (Im DES korrekturgelesen am 25. Februar 2024)
Ebenfalls in Königsberg wurde Dr. phil. Arthur Mentz promoviert. Er forschte über „Beiträge zur Osterfestberechnung bei den Byzantinern“. Ob die sprichwörtlichen ‚byzantinischen Verhältnisse‘ an Ostern noch schlimmer waren als sonst, wissen wir leider nicht, aber über den Verfasser umso mehr: Geboren am 7. März 1882 in Elbing, Abitur an Ostern 1901 im kneiphöfischen Gymnasium in Königsberg, an dessen Universität er dann zehn Semester studierte. (Im DES korrekturgelesen am 1. Juli 2024)
Doch das ist nicht alles. Offenbar fielen Jahresanfänge mal auf Ostern. Dr. phil. Wilhelm Acht aus Niedertriefenbach, damals Hessen-Nassau, schrieb über „Die Entstehung des Jahresanfangs mit Ostern. Eine historisch-chronologische Untersuchung über Entstehung des Osteranfangs und seine Verbreitung vor dem 13. Jahrhundert“ und reichte sie am 6. April 1908 an der Universität Leipzig ein. Jedoch studierte er gar nicht dort, sondern zwei Semester in München und sieben Semester in Berlin. Der Wechsel war natürlich immer an Ostern. (Im DES korrekturgelesen am 19. Februar 2025)
Hasen
Hasen gibt es bekanntlich jede Menge. In unserem Katalog finden sich gleich sieben promovierte Hasen! Das sind aber nur die gewöhnlichen Hasen. Es gibt einen promovierten adeligen Hasen, den Verlagsbuchhändler Dr. jur. Hermann von Hase. Auch seine Dissertation dreht sich um Geschenke: „Die rechtliche Stellung des Vorerben zur Erbschaft nach deutschem bürgerlichen Gesetzbuch“. Ob er als Vorerbe wohl auch Anspruch auf Schokoladeneier geltend machen könnte? Wer die Dissertation findet, kann uns mehr dazu sagen. Sie wurde 1904 an der Universität Leipzig eingereicht. Wikipedia weiß mehr. (Im DES korrekturgelesen am 26. Februar 2024)
Neben Kohlhasen, Schellhasen und Dunkhasen gibt es noch Weithasen. Dr. rer. pol. Hugo Weithase wurde 1894 an der Universität Strassburg promoviert. Sein Name ist Programm: „Die internationalen Postbeziehungen bis zum Zusammentritt des Berner Postkongresses“. Auch ein sehr praktisches Thema, denn was wäre Ostern ohne die Post? Wahrscheinlich nur ein Sonntag mit sinnlos bemalten Eiern. (Im DES korrekturgelesen am 20. November 2022)
Doch auch um die Hasen selbst wurde sich gekümmert, so zum Beispiel von dem Hamburger Polizeitierarzt Dr. phil. Hugo Docter. Der Titel seiner am 30. April 1907 in Leipzig veröffentlichten Dissertation ist „Ein Beitrag zur Kenntnis der verminösen Pneumonie des Hasen“. Die Hasen gingen gewiss gerne in die Praxis von Dr. Docter. Dass er aus Gießen stammte und dort sein Studium begann, ist ein Qualitätsmerkmal: Gießen war lange Zeit die einzige deutsche Universität mit einer veterinärmedizinischen Fakultät. (Im DES korrekturgelesen am 30. Dezember 2024).
Der Gesundheit der Eierverstecker verpflichtet war auch Dr. med. Wilhelm Maria Grosskopff. Er forschte in Würzburg und reichte dort am 17. August 1892 seine Dissertation ein. Ihr Titel: „Die Markstreifen in der Netzhaut des Kaninchens und des Hasen“. Ist ja auch wichtig, dass die Tierchen gut gucken können – wie oft kam es schon vor, dass die blinden Hasen statt bunter Ostereier einfach graue Steine versteckt haben! (Im DES korrekturgelesen am 22. September 2022)
Eier
Hühnereier waren natürlich auch Forschungsgegenstand. Zum Beispiel in der Habilitations-Schrift von Dr. med. R. Haug, Assistent an der chirurgischen Poliklinik in München. Sie trug den Titel „Über die Organisationsfähigkeit der Schalenhaut des Hühnereies und ihre Verwendung bei Transplantationen. Eine experimentelle chirurgisch-histologische Studie“. Ob ihm die Idee beim Anblick der Eierschalenhaufen beim Frühstück an Ostern kam? Immerhin eine sinnvolle Verwendung. (Im DES korrekturgelesen am 2. April 2024)
Besonders viele Eier gefunden hat der Berliner Chemiker Dr. phil. Walter Stüber. Er schrieb eine Dissertation mit dem Titel „Ueber Produkte der alkalischen Hydrolyse des Eieralbumins“, die er am 12. Juli 1898 an der Universität Erlangen einreichte. Ich wette, bei Stübers daheim gab es das ganz Jahr über hohle Eier, brauchte Herr Stüber doch jede Menge Eiweiß. Wikipedia informiert über das Thema Eieralbumin unter dem Stichwort Ovalbumin – aber ohne Stübers Dissertation zu erwähnen. Vielleicht hat er seine Dissertation zu gut versteckt? (Im DES korrekturgelesen am 25. April 2023)
Was ganz anderes mit Hühnereiern gemacht hat der aus Schaky im Russischen Reich stammende Dr. med. Hermann Bloch an der Universität Königsberg. Er reichte dort am 29. März 1888 eine Dissertation ein, die den Titel „Ueber elektromotorische Erscheinungen am bebrüteten Hühnerei“ trug. Strom im Ei? Das ist so spannend, das sollte man nicht mit Kindern nachmachen! (Im DES korrekturgelesen am 4. Januar 2022)
Für ganz andere Eier hat sich Dr. phil, Dr. med. Hermann Endres interessiert. Seine medizinische Dissertation trug den Titel „Anstichversuche an Eiern von Rana fusca. Th. 2: Ergänzg durch Anstichversuche an Eiern v. Rana esculenta sowie theoret. Folgergn aus beiden Versuchsreihen“. Das sind bekanntlich Teichfrösche, die man finden kann, wenn man Ostereier in der Nähe von Teichen sucht. Seine Dissertation reichte er am 18. Dezember 1895 ein. (im DES korrekturgelesen am 28. November 2022)
Selber suchen und mitmachen im DES-Projekt Hochschulschriften!
Jede Menge weiterer Fundstücke finden sich vielleicht für den einen oder die andere in den Katalogen „Jahresverzeichnis deutscher Hochschulschriften“, „Deutsche Doktoringenieurpromotionen“ und „Bayerische Doktoringenieurpromotionen“. Die Einträge enthalten immer wieder mal biographische Angaben, wie obige Einträge beweisen. Suchen lohnt sich, garantiert nicht gut versteckt und garantiert ohne Chloroform!
Weitere Mitwirkende bei der Datenüberprüfung und -eingabe im DES-Projekt „Hochschulschriften“ sind herzlich willkommen!
Informationen dazu findet man hier im GenWiki.