Deutschsprachige Belgier kämpften als Zwangssoldaten im Zweiten Weltkrieg
Über wiederentdeckte Akten zu mehr als 5.500 im Zweiten Weltkrieg umgekommenen Belgiern berichtete der Journalist Tim Trachet vom flämischen Radio- und Fernsehsender VRT Ende November im deutschsprachigen vrt Flanderninfo. Es sind Bescheinigungen über den Tod der Menschen in Diensten der Deutschen Wehrmacht. Das Zentrum für Ostbelgische Geschichte informiert auf der Webseite ausführlich in Filmbeiträgen über die Geschichte und auch über die Zeit der NS-Besatzung von 1940 bis 1945. Daraus sind auch die Totenzettelausschnitte im obigen Beitragsbild entnommen.
Wertvolle Funde
Die Papiere wurden Ende 2021 in einem Aktenlager nach dem Sommerhochwasser unversehrt wiederentdeckt. Sie sind wertvolle Beweise und dienten nach Kriegsende dazu, die Lücken in den Sterberegistern zu schließen. Viele Standesamtsregister, z.B. die von Malmedy und St. Vith, waren durch die Zerstörungen während der Ardennenoffensive vernichtet worden. Daraufhin besuchten Mitarbeiter der Gendarmerie die Angehörigen und sammelten bis in die 1950er Jahre Nachweise für den Tod der zur Wehrmacht zwangsverpflichteten Soldaten.
Die Dossiers enthalten Wehrpässe, Bilder, Bescheinigungen und Briefe, die als Beweise für den Tod der Soldaten dienten. Auch Deserteure, Widerstandskämpfer und Juden waren darunter, die in den Konzentrationslagern in Dachau, Neuengamme und Auschwitz umgebracht wurden. Die Staatsarchive von Lüttich und Eupen haben den Bestand erschlossen. Das Zentrum für Ostbelgische Geschichte hat sieben Schicksale exemplarisch in einer Broschüre dokumentiert, die zur Wanderausstellung “Stolen Memory” in St. Vith erschien. Die Mitarbeiter des Staatsarchivs Eupen beantworten die Suchanfragen von Verwandten. Dort ist auch die Broschüre “Gerettete Erinnerung” erhältlich.
Geschichte der deutschsprachigen Gebiete in Ost-Belgien
Von 1815 bis 1919 wurden die drei Ostkantone Eupen, Malmedy und St. Vith durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses zu preußischem Staatsgebiet. Nur das Gebiet von Neu-Moresnet blieb neutral und wurde von den Nachbarländern gemeinsam verwaltet. Durch den verlorenen Ersten Weltkrieg fielen die Gebiete an Belgien, wurden aber 1940 durch die deutsche Besatzung wieder annektiert. Ein Jahr später wurden etwa 8.700 Männer zur deutschen Wehrmacht eingezogen. Die wallonischsprachige Minderheit war im Gebiet um Malmedy am stärksten. Heute bilden die Kantone Eupen und St. Vith die Deutschsprachige Gemeinschaft mit einer eigenen Regionalregierung. Die deutschsprachige Minderheit wird auf ca. 100.000 Belgier geschätzt, etwa drei Viertel davon leben in Ost-Belgien.
Über diese bei Ancestry indexierten Karteikarten zu den Verlusten im Zweiten Weltkrieg berichteten wir hier im CompGen-Blog. Sie enthalten auch die Daten der Gefallenen, die in den Totenzetteln aus Belgien (siehe Beitragsbild oben) genannt werden.