WDR schafft virtuellen Zugang zu den Stolpersteinen in NRW
Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat das Projekt „Stolpersteine NRW“ gestartet. Über eine App und die Webseite Stolpersteine.wdr.de ermöglicht es einen ganz neuen, interaktiven Zugang zum Gedenken an Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt, deportiert und in den Tod getrieben wurden. Das sind nicht nur jüdische Menschen, sondern auch religiös oder politisch Engagierte, Sinti und Roma usw. Die Stolpersteine, die Gunter Demnig aus Köln seit 1992 in vielen Städten in 27 Ländern verlegt, sind die Grundlage für das Projekt.
Fast ein Fünftel der insgesamt über 80.000 Stolpersteine liegen in NRW – in den Bürgersteigen vor den ehemaligen Wohnhäusern. Mit der mobilen App und auf der Webseite des WDR kann man die Steine virtuell erwandern und erforschen.
Eine interaktive Karte zeigt alle rund 15.000 Stolpersteine in NRW. Auf ausgewählten Routen werden mehrere Steine vor Ort besucht. Biografien, Texte, Bilder, Hörspielen, Videos und historische Fotos machen die Schicksale hinter den Stolpersteinen hör-, seh- und erlebbar. Für Schüler und Lehrer gibt es besondere Anregungen und Materialien. Alle Materialien können frei und mit Quellenangaben genutzt werden. Die Schüler können auch selbst recherchieren und fehlende Texte zu den einzelnen Personen erarbeiten.
Über Dr. Hans Erich Haas aus Köln
Hans Erich Haas ist der erste Psychoanalytiker in Köln, ein Pionier dieser noch jungen und umstrittenen Disziplin. Unter anderem behandelt er Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind. 1933 belegen die Nationalsozialisten den promovierten jüdischen Mediziner mit einem Berufsverbot. Er reist daraufhin nach England um seine Arbeitschancen auszuloten. Als die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft, deren ordentliches Mitglied er seit über sechs Jahren ist, seinen Austritt fordert, entschließt er sich, Deutschland endgültig zu verlassen. Wenige Tage vor der Abreise erkrankt sein dreijähriger Sohn Peter schwer und stirbt innerhalb weniger Tage.
Ende 1936 kommen Hans Erich und seine Frau Lisbeth wegen der drastischen Ausfuhrbeschränkungen für jüdische Auswanderer fast mittellos in Birmingham an. Sein deutscher Studienabschluss wird nicht anerkannt, sodass er zunächst nicht als Arzt arbeiten darf. Aber er kann eine psychoanalytische Praxis eröffnen und studiert nebenbei noch einmal. 1941 adoptieren er und seine Frau ein kleines Mädchen. Hans Erich Haas forscht und arbeitet bis ins hohe Alter und stirbt mit 94 Jahren in Birmingham. (Text und weitere Informationen: WDR-Stolpersteine NRW CC BY_NC-ND 4.0 DE).
Die Quellen für diese Unterlagen stammen aus den digitalisierten Akten von Gunter Demnig, aus den Wikipedia-Stolperstein-Fotos, der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem, dem “Gedenkbuch des Bundesarchivs”, den Arolsen Archives oder den Archiven der lokalen und regionalen Tageszeitungen. Viele Stadtarchive unterstützen die Aktion mit Informationen aus ihren Beständen und aus lokalen Schülerarbeiten.
Suche nach jüdischen Personen in CompGen-Datenbanken
Für die Recherche nach Namen hält der Verein für Computergenealogie (CompgGen) die große genealogische Datenbank “Juden im Deutschen Reich” von Ingo Paul bereit (s. dazu unseren Bericht hier im Blog).
Die Namensuche auf Grabsteinen ist in den Grabsteindokumentationen aus jüdischen Friedhöfen bei CompGen möglich.
Zur “Metasuche” in den CompGen-Datenbanken geht’s hier; weitere Links zum Thema “Jüdische Genealogie” sind im GenWiki zu finden.