DES-Projekt Hochschulschriften: Jahrgang XXII in der Erfassung – Fokus Halle
Über das seit Dezember 2021 laufende DES-Projekt „Hochschulschriften“ des Vereins für Computergenealogie in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München berichtet der CompGen-Blog regelmäßig. Nun wurde der Jahrgang XXII 1906/07 zur Bearbeitung eingestellt, während der Jahrgang XXI 1905/06 fast fertig ist.
Im Jahrgang 1905/06 haben wir 3.234 Einträge über Dissertationen und Habilitationsschriften deutscher Universitäten erfasst. Über 95 % dieser Einträge umfassen das Geburtsdatum und den Geburtsort, was Genealogen und Ahnenforschern eine präzise Identifikation ermöglicht. Beruf, Staatsangehörigkeit, Wohnort und Studienorte helfen dabei, den bisherigen Lebensweg zu rekonstruieren. Auch diesmal finden sich eine Handvoll Angehörige fremder Staaten, allen voran Russland (67), Österreich-Ungarn (50), USA (31) und Großbritannien (28). Aber auch Staaten mit weniger Absolventen sind darunter, z.B. Australien, Nicaragua, Schweden und Brasilien.
Mit diesem Jahrgang haben wir die 50.000-Marke überschritten, sodass wir nun auf die stattliche Anzahl von 53.070 Einträgen kommen! Großes Lob an alle Beteiligten!
Die Universität Halle
Weil sich die Mitglieder des Vereins für Computergenealogie (CompGen) diese Woche auf den Weg zur Jubiläumsveranstaltung und Mitgliederversammlung nach Halle machen, wollen wir einen Blick auf die Universität Halle werfen. Mit bisher 2.393 Einträgen findet sie sich eher im Mittelfeld der Nennungen, kommt der Spitzenreiter Leipzig doch auf über das Doppelte. Die Hälfte der Halleschen Einträge finden sich an der philosophischen Fakultät, wobei nach meiner Lesart die Geisteswissenschaften überwiegen. Sobald wir unser Klassifikationsmodell, das Einträge anhand des Titels wissenschaftlichen Disziplinen zuordnet, fertig haben, werden wir Gewissheit haben.
Die Universität Halle sticht in zwei Aspekten heraus. Zum einen hat sie mit 7,3 % den höchsten Anteil lateinischer Dissertationen und Habilitations-Schriften überhaupt. Das heißt, die gesamte Dissertation wurde auf Latein verfasst und auch verteidigt. Was im Mittelalter und der frühen Neuzeit üblich und vorgeschrieben war, wurde nach und nach seltener von den Fakultäten verlangt. Selbst im Jahrgang 1905/06 finden sich noch etliche lateinischer Einträge in Halle. Ob das um die Jahrhundertwende noch zeitgemäß war, oder ob es bei der Verbreitung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse eher hinderlich war, ist vielleicht eine interessante Forschungsfrage.
Zum zweiten erschienen 12 % der Halleschen Schriften zusätzlich als Aufsatz in einer Zeitschrift, was die Verbreitung sicherlich enorm beflügelt hat. Die Uni Halle hat mehr als andere Universitäten eigene wissenschaftliche Zeitschriften betrieben, darunter „Hallesche Abhandlungen zur neueren Geschichte” oder die „Sammlung nationalökonomischer und statistischer Abhandlungen des staatswissenschaftlichen Seminars zu Halle a. S.” Das hat deshalb die Verbreitung neuen Wissens beschleunigt, weil Zeitschriften schneller verlegt wurden als Dissertationen, und weil sie an mehr Orten verfügbar waren. Auch heute liest man in Nachrichten ja noch, „eine neue Studie zeigt…”, und nicht „ein neues Dissertationskapitel zeigt…”
Jahrgang 1906/07
Der Jahrgang 1906/07 steht bereit zum Korrekturlesen der Scans. Im neuen Jahrgang finden wir in Berlin niemand geringeren als Mendelssohn Bartholdy, und zwar Paul Mendelssohn Bartholdy der Jüngere, um genau zu sein. Er war der Enkel des berühmten Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy, der zwar auch an der Universität studierte, aber nicht promoviert wurde. Paul Mendelssohn Bartholdy der Jüngere war Chemiker und Direktor in der Aktiengesellschaft für Anlilinfabrikation (Agfa) seines gleichnamigen Vaters, der kurz nach seiner Geburt verstarb. Das Unternehmen ging später in der IG Farben auf, worin auch Paul eine leitende Stellung einnahm. Die Nazis haben es dann arisiert (das heißt, unliebsame deutsche Bürger aus Wirtschaft und Politik gedrängt), weshalb Dr. Paul Mendelssohn Bartholdy in die Schweiz emigrierte.
Schätzungsweise 3.420 weitere Einträge werden uns in diesem Jahrgang begegnen. Weitere Mitwirkende bei der Datenüberprüfung und -eingabe im DES-Projekt „Hochschulschriften“ sind herzlich willkommen!
Informationen dazu findet man hier im GenWiki.