Darstellung komplexer Familien in Genealogieprogrammen
Es ist ‘was los auf Discourse, der zentralen Kommunikationsplattform des Vereins für Computergenealogie (CompGen) – jedenfalls zum Thema „Ungewöhnliche Stammbäume visualisieren“. Denn dort sind jüngst in der Kategorie „Genealogie-Programme“ innerhalb von dreieinhalb Wochen 139 Beiträge geschrieben worden, die mehr als eintausenddreihundert mal abgerufen wurden. Kein anderes Thema hat auf Discourse bislang zu mehr Diskussionsbeiträgen geführt. Und mehr Aufrufe hatten bisher nur zwei andere Themen: zur Plattform Discourse selbst und zum Einsatz von ChatGPT in der Genealogie.
Darstellung von komplexen Familien in Genealogieprogrammen
Ausgangspunkt der Diskussion war die Frage eines Nutzers, wie komplexe Familienkonstellationen visualisiert werden können. Um die Darstellung in verschiedenen Programmen vergleichbar zu machen, wurde eine GEDCOM-Testdatei erstellt. Darin wird eine fiktive Großfamilie mit 12 Personen und 6 Partnerschaften definiert, die die folgenden Besonderheiten aufweist
- Ahnenimplex durch die Heirat von Cousin/Cousine
- gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaft
- uneheliches Kind
- Adoption eines Kindes
- Person mit diversem Geschlecht.
Einige Programme arbeiten bei der Darstellung mit der Doppelung von Personen, das heißt, dass einige Personen in einem Diagramm mehrfach auftreten können. Das kann für den Nutzer verwirrend sein, vermeidet aber, dass sich die Beziehungspfeile zwischen Personen im Diagramm kreuzen. Andere Programme vermeiden solche Doppelungen. Zur Dokumentation der Diskussionsergebnisse wurde ein Artikel im GenWiki angelegt: „Darstellung einer komplexen Musterfamilie in Genealogie-Programmen“. Dort findet sich auch eine Auswertung der Musterfamilie mit dem Genealogie-Hilfsprogramm ChatGPT.
Partnerketten
Das Unterthema „Heiratsketten“ wurde in Discourse vom Hauptthema zur Visualisierung ungewöhnlicher Stammbäume abgespalten. Dort geht es um eine ganz besondere Konstellation, eine Kette von Heiraten oder allgemein von Partnerschaften, also um die Verbindungen von Personen über mehrere Ehen hinweg, etwa wenn eine Witwe oder eine geschiedene Person erneut heiratet. Bei Mehrfachheiraten einer Person wird aus der Ehekette ein Netz von miteinander verknüpften Ketten. Während eine Ahnentafel oder eine Nachkommenliste Personen in der zeitlichen Dimension erfasst, also über mehrere Generationen hinweg, liegt die Darstellung von Eheketten in der dazu senkrechten Dimension. In einer Ehekette befinden sich nur Personen, die zur selben Generation in dieser Darstellung gehören, auch wenn sie ggf. nicht zur selben Zeit gelebt haben.
Einige wenige Genealogie-Programme bieten eine explizite Darstellung von Partnerketten als Diagramm an. Im Programm webtrees etwa kann man in einem Erweiterungsmodul zu einer Person die Partnerketten selektieren. Und in einem weiteren Erweiterungsmodul können diese dann visualisiert werden. Aber auch mit einigen Grafikprogrammen können Eheketten dargestellt werden. Dieses Thema wird parallel auch noch in der Discourse-Kategorie (Liste) des Genealogie-Programms Gramps und auf Facebook diskutiert.
Firmung versus Konfirmation
Zu einem weiteren Thema in der Kategorie „Genealogie-Programme“ geht es derzeit – in einem ebenfalls sehr intensiven Austausch – darum, ob und ggf. wie das Ereignis „Firmung“ in verschiedenen Genealogie-Programmen dargestellt werden kann. Und auch darum, wie dieses Ereignis per GEDCOM zwischen verschiedenen Programmen ausgetauscht werden soll.
Aufhänger dabei war, dass der GEDCOM-Standard nur das Ereignis „Konfirmation“ als Oberbegriff vorsieht, die Firmung aber in der katholischen Kirche eine etwas andere Bedeutung hat und deshalb in der Bedienoberfläche eines Programms auch korrekt bezeichnet werden soll. Auch hier läuft noch eine Paralleldiskussion in einem anderen Forum, hier im webtrees-Forum. Ein Konsens ist hier noch nicht abzusehen…