DES-Projekt Hochschulschriften: Mehr Daten als je zuvor
Seit dem 6. Dezember 2021 läuft das DES-Projekt Hochschulschriften in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München (der CompGen-Blog berichtete). Nun wurde der Jahrgang 1904/05 zur Korrektur freigegen, der ganz anders ist als die vorherigen.
Der Jahreswechsel ist stets eine produktive Zeit für DES-Projekte. Auch das DES-Projekt Hochschulschriften war da keine Ausnahme. In Windeseile wurden zwei Jahrgänge, 1902/03 und 1903/04, korrekturgelesen. Es gibt zwar keine neuen Hochschulen oder Fakultäten, aber etliche Frauen. Über die meisten ist nichts im Internet zu finden. Das insofern normal, denn über die allermeisten männlichen Doktoren ist ebenfalls nichts zu finden.
Es wurden mehr Dissertationen gedruckt
Den fleißigen Freiwilligen dürfte nicht entgangen sein, dass die Zahl der Seiten und damit die Zahl der Einträge verglichen mit den 1890er Jahrgängen rapide angestiegen ist. Im Jahrgang 1897/98 fanden sich noch 2.486 Einträge auf 274 Seiten. 1903/04 sind es bereits 3.508 Einträge auf 430 Seiten. Was war geschehen?
Um das zu verstehen, müssen wir Theodor Mommsen bemühen. Theodor Mommsen, Literaturnobelpreisträger von 1902 (damals wurde der Preis noch häufig an Philosophen und Historiker vergeben) und auch sonst sehr bekannt als Namensgeber für Straßen und Schulen, hatte sich zeitlebens beklagt über die sinkende Qualität deutscher Doktoren. Seine Streitschrift “Die deutschen Pseudodoctoren” von 1876 wurde ein Gassenhauer. An vielen deutschen Fakultäten außerhalb des Königreichs Preußens war es erlaubt und üblich, einen Aufsatz nebst einer hübschen Summe Geld zu überweisen, und postwendend ein Doktordiplom ausgehändigt zu bekommen. Es war weder nötig, die Dissertation zu verteidigen, noch sie zu drucken. Fast alle Universitäten machten sich dessen mitschuldig, war es doch eine ergiebige Einkommensquelle: Heidelberg, Jena, Rostock, Erlangen …
Da der Katalog Hochschulschriften kein Verzeichnis neuer Doktoren, sondern ein Verzeichnis neuer Dissertationen ist, finden sich diese Doktoren gar nicht bei uns.
Lange Jahre des Klagens von Mommsen und anderen führten schließlich zu drei aufeinanderfolgenden Konferenzen. Diese kamen auf Verlangen bzw. Druck des preußischen Bildungsministers Friedrich Althoff zustande. Auf ihnen verpflichteten sich alle Bundesstaaten zu Mindeststandards für Dissertationen. Dazu gehört auch der Druckzwang, dass also kein Doktorgrad ohne Druck der Dissertation vergeben wird.
Zuerst kam die Konferenz in Eisenach 1898, die sich mit medizinischen Dissertationen (auch der Approbation) beschäftigte, dann Wiesbaden 1900 mit Regelungen für philosophische und naturwissenschaftlich-technische Fakultäten, schlussendlich die Konferenz in Oberhof 1902 für juristische Dissertationen. Manche Fakultäten haben ihre Regelungen allerdings schon in den Jahren davor geändert. So mancher Doktorand, insbesondere in der Rechtswissenschaft, dürfte von diesen Regelungen überrascht gewesen sein.
Biographische Daten sind nun dabei
Ab sofort, das heißt ab dem Jahrgang 1904/05, finden sich in den Einträgen nun noch mehr genealogisch relevante Daten. Fast jeder Eintrag führt nun Geburtsdatum- und Ort, Staatsangehörigkeit, Ort und Datum der Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung, Anzahl und Ort vorheriger Studiensemester, und Datum und Art der Prüfung (Verteidigung). Bei Ärzten wird auch das Datum der Approbation verzeichnet.
Diese Daten ergeben sich wohl aus der Vita, die nahezu jeder Doktorand in seiner Dissertation veröffentlicht hat. Weil die Einträge wegen der neuen Angaben länger sind, ist die Seitenzahl rapide gestiegen. Der Jahrgang 1904/05 fasst über 600 Seiten mit Einträgen.
Informationen zum DES-Projekt „Hochschulschriften“ findet man hier im GenWiki. Weitere Mitwirkende bei der Datenüberprüfung und -eingabe sind herzlich willkommen!