Todesbenachrichtigungen aus den beiden Weltkriegen
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. will amtliche Todesbenachrichtigungen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg als historische Quellen erhalten und wissenschaftlich auswerten. Da es immer weniger Zeitzeugen gibt, werden solche privaten schriftlichen Quellen noch wichtiger.
Der millionenfache Tod von Soldaten beider Weltkriege hinterließ dokumentarische Spuren in Form der Todesbenachrichtigungen, die von Truppenteilen und Heimatdienststellen verfasst wurden und die Hinterbliebenen über den Tod ihrer Söhne, Väter und Brüder unterrichteten. Diese Todesbenachrichtigungen sind eine von der Geschichtswissenschaft bisher nicht erfasste oder ausgewertete Quellengattung. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zu den Weltkriegen droht der Verlust dieser Überlieferung.
Projekt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge
Für das Projekt unter der Leitung von Dr. Dirk Reitz, Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen, sind dabei verschiedene Dokumente wertvoll. Dazu gehören amtliche Mitteilungen – etwa von Truppenteilen, Standesämtern, Versorgungsbehörden oder Parteidienststellen –, aber auch persönliche Mitteilungen von Vorgesetzten und Kameraden und schriftliche Erinnerungen von Angehörigen. Auch Schilderungen, wie diese Nachrichten überbracht wurden, können wertvolle Quellen sein. Die oft geschönten amtlichen Schreiben, sollen u.a. in ein realistisches Licht gesetzt werden. Dabei können z.B. auch Schreiben von Kameraden helfen. Gesucht werden auch Selbstzeugnisse zur Wahrnehmung des Todes des Angehörigen.
Im sächsischen Pilotprojekt wurden 11.000 Briefe mit Anfragen zu solchen Zeitdokumenten verschickt. Viele der Angeschriebenen meldeten sich mit Dokumenten zurück. Im Oktober 2023 wurde aus dem regionalen Projekt eine bundesweite Initiative. Die so gesammelten Unterlagen werden im Rahmen eines Dissertationsprojektes ausgewertet, das Prof. Dr. Sönke Neitzel, Professor für Militärgeschichte/Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam, betreut.
Wer Material zur Verfügung stellen möchte, schicke es bitte an todesbenachrichtigungen@volksbund.de. Bitte keine Originale einsenden, da eine Rücksendung nicht erfolgen kann. Der Verein für Computergenealogie (CompGen) unterstützt diese Aktion, da solche Quellen auch für die Familien- und Ahnenforschung wichtig sind.
Auf Anfrage bekamen wir von Dr. Dirk Reitz noch weitere Erläuterungen: „Seit der Aussendung des Briefs Anfang Oktober gingen bei mir bereits mehr als 3.000 Datensätze ein. Dabei sind indes nicht nur die Daten zu den Todesbenachrichtigungen im engeren Sinne interessant, sondern auch die Anschreiben, die vom hohen “intergenerationellen” Interesse am Projekt zeugen. Bedauerlich allerdings, manchen Briefen entnehmen zu müssen, dass die Weitergabe solcher Familienüberlieferung oft unsicher ist, Zitat: “Wenn Sie es nicht bekommen, wandert es in die Müllverbrennungsanlage”. Bemerkenswert zudem, wie viele Einsender sich z.B. als “Kriegsenkel” definieren, ein Begriff, der in Deutschland noch nicht allzu weit verbreitet ist. Für jede weitere Zusendung bin ich dankbar, muss aber anmerken, dass ich und meine sehr tüchtigen studentischen Hilfskräfte, derzeit nur mit der Erfassung beschäftigt sind. Die Auswertung – und damit einhergehend die Beantwortung vieler (An-)Fragen, muss warten.“ Deshalb erhält man auf die o. g. Mailadresse einstweilen nur eine automatische Antwort.
In diesem Winter erfolgt die rein statistische Erfassung. Mit der abschließenden Publikation ist frühestens in drei Jahren, also 2027, zu rechnen. Es sollen Zwischenergebnisse veröffentlicht werden.