DES-Projekt Hochschulschriften: Auswertung der ersten 15 Jahrgänge
Seit dem 6. Dezember 2021 läuft das DES-Projekt Hochschulschriften in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München (der CompGen-Blog berichtete). Während aktuell die Jahrgänge XVI und XVII in der Korrektur sind, werden hier die ersten 15 Jahrgänge ausgewertet.
In den vergangenen 12 Monaten ist das Projekt Hochschulschriften mit Siebenmeilenstiefeln vorangeschritten. Die finale Durchsicht durch den Projektbetreuer kam nicht mehr hinterher, und stellenweise hakte auch die Einspeisung neuer Jahrgänge. Nun sind jedenfalls die ersten 15 Jahrgänge vollständig, so dass die Jahrhundertschwelle überschritten wurde. Fleißige Freiwillige haben exakt 32.001 Einträge auf 3.603 Seiten Korrektur gelesen.
Gesamtzahl der eingereichten Schriften
Zwischen dem 15. August 1885 und dem 14. August 1900 wurden 31.217 Dissertationen, 703 Habilitiationsschriften und 71 Thesen an deutschen Universitäten eingereicht und ein Titel dafür vergeben. Thesen gehören üblicherweise zu anderen Dissertationen (nur an manchen theologischen Fakultäten standen sie für sich). Habilitanden tauchen typischerweise in den Jahren zuvor mit ihrer Dissertation auf. In seltenen, bisher ungeklärten Fällen, taucht derselbe Doktorand an derselben Fakultät mit derselben Dissertation zwei mal auf, sowohl im selben Jahr als auch in verschiedenen Jahren.
Es ergibt sich also eine Gesamtzahl von etwa 31.000 erfassten Personen. Darunter sind zwei Frauen, nämlich Gräfin Maria von Linden (der CompGen-Blog berichtete), und Bertha Kipfmüller. Etliche Doktoranden und Habilitanden stammen aus dem Ausland. Alle Einträge sind sofort nach der Bearbeitung durchsuchbar und in der großen Datenbank des DES zu finden.
1.998 Personen konnten darüber hinaus zur deutschsprachigen Wikipedia verlinkt werden (die Jahrgänge XIV und XV haben wir noch nicht auf Wikipedia gesucht). Diese finden sich in der Liste der bekannten Persönlichkeiten. Die meisten Wikipedia-Verlinkungen finden wir interessanterweise für Theologen; über ein Viertel aller Autoren findet sich dort. Für die juristischen und philosophischen Fakultäten (das beinhaltet auch alle naturwissenschaftlichen, mathematischen, und staatswissenschaftlichen bzw. staatswirtschaftlichen Fakultäten) findet sich nur für jeden zehnten Autoren ein Wikipedia-Eintrag. Bei den Medizinern sind es nur 5 Prozent.
Themen
Woran die Doktoranden und Habilitanden geforscht haben, wird ein spannendes Themenfeld sein. Vermutlich wird man an den juristischen Dissertationen am besten sehen können, was Deutschland zu jener Zeit bewegt hat. Zum Beispiel befasst sich im Jahre 1900 ein volles Fünftel aller juristischen Dissertationen mit dem neu eingeführten Bürgerlichen Gesetzbuch. Die Beschäftigung mit diesem riesengroßen Gesetzeswerk beginnt allerdings schon 1896, mit einem stetig ansteigenden Anteil.
In Zukunft werden wir versuchen, mittels maschinellem Lernen die wissenschaftlichen Disziplinen aus dem Titel herauszulesen. Denn nur für die Dissertationen der medizinischen und theologischen Fakultäten können wir daraus die Disziplin ermitteln. Für die Dissertationen der philosophischen Fakultäten wissen wir erst nach Kenntnis des Titels, ob es sich um einen Physiker, einen Germanisten, oder gar einen Sozialwissenschaftler handelt.
Mitarbeit willkommen!
Es bleibt also spannend. Zukünftige Jahrgänge werden mehr für die Familienforschung relevante Angaben enthalten: Geburtsdatum und -ort, aber auch den kompletten Bildungsweg ab dem Abitur. Die Daten werden aus den mit Transkribus gelesenen Seiten automatisch in die vorausgefüllte Maske eingetragen. Die Arbeit der Mitwirkenden beschränkt sich auf die Überprüfung und Ergänzung der Daten im DES-Projekt Hochschulschriften. Weitere Helfer sind herzlich willkommen!
Informationen dazu findet man hier im GenWiki. Auch wer Lust an einer Auswertung hat, darf den Autoren dieses Artikels gerne konsultieren.
Ich wäre auch sehr gespannt zu erfahren, ob jemand bereits Verwandte ausfindig machen konnte (meine Frau konnte es)! Schreibt es gerne in die Kommentare in Discourse.