Hunderttausende Entnazifizierungsakten aus dem Landesarchiv NRW online
Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland, hat fast 610.000 Akten zur Entnazifizierung aus Nordrhein-Westfalen digitalisiert. Der Zugang ist über die Archivsuche mit dem Kriterium „Nur mit Digitalisat“ und dem Suchwort „Entnazifizierung“ möglich. Wenn man zusätzlich einen Personennamen eingibt, so werden alle Akten angezeigt, in denen der Name vorkommt. Eine aktuelle Übersicht zum Bestand ist auf dieser Archivseite zu finden.
Was ist enthalten?
Im Bestand „Der Sonderbeauftragte für die Entnazifizierung in NRW“ sind die Bestände aus den nordrhein-westfälischen Land- und Stadtkreisen sowie Regierungsbezirken zu finden. Weitere Bestände sind in Akten der Berufungs-, Polizei- oder Pensionsausschüssen aufbewahrt. Die Fragebögen enthalten für die Familien- und Ahnenforschung nützliche Angaben zur Person, Schulbildung, Berufs- und Militärtätigkeit und zu den Mitgliedschaften in den verschiedenen NS-Organisationen. In einigen Fällen sind auch sogenannte „Persilscheine“ enthalten.
In einem Video des Ahnenforscherstammtisch vom 18.2.2021 zum Thema „Quellenkunde des 20. Jahrhunderts“ berichtet Frau Dr. Anette Henning vom Landesarchiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, auch über die Überlieferung der Entnazifizierungsakten (Minute 40:31 bis 45:05) in der Abteilung Rheinland des Landesarchivs NRW.
Im Gesamtbestand des Landesarchivs von über einer Million Digitalisaten machen diese Akten inzwischen ca. 60 % aus. Herzlichen Dank an Volker Wilmsen für die Hinweise zu den Entnazifizierungsakten!
Zugänglichkeit in anderen Bundesländern?
In ihrer Besatzungszone haben die Sowjets bis 1949 ca. 520.000 Personen aus ihren Stellungen entfernt und durch Kommunisten ersetzt. In Speziallagern inhaftierte die sowjetische Geheimpolizei außer den NS-Verbrechern auch Denunzierte und politische Gegner in großer Zahl.
In der amerikanischen Besatzungszone wurde streng entnazifiziert. Die Betroffenen wurden in fünf Kategorien eingestuft und verurteilt: Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete. Die USA stellte die Entnazifizierung zum 31. März 1948 ein; viele Verfahren waren bis dahin gar nicht abgeschlossen. In der britischen und in der französischen Zone im Westen Deutschlands wurde die Entnazifizierung sehr pragmatisch behandelt: Der Wiederaufbau von Verwaltung und Wirtschaft hatte Vorrang vor der politischen Überprüfung.
Im Oktober 2021 berichteten wir hier im CompGen-Blog über Entnazifizierungsakten aus Freiburg und Frankreich, die in Kooperation vom Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, und dem Diplomatischen Archiv des französischen Außenministeriums digital der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurden. Im Staatsarchiv Freiburg liegen weitere Entnazifizierungsakten der „Spruchkammer Südbaden“.
Wie ist die Situation in anderen Bundesländern? Wer hat Entnazifizierungsakten seiner Vorfahren einsehen können? Gibt es weitere Digitalisate?
Hier sind wir dankbar, wenn unsere Leser ihre Erfahrungen mitteilen. Berichten Sie auch über Ihre erfolgreiche Suche!
Gerne können Sie Anmerkungen, eigene Erkenntnisse und Erlebnisse hier beim gespiegelten Beitrag in Discourse aufschreiben oder diskutieren!