DES-Projekt Hochschulschriften: Jahrgänge VI und VII in der Erfassung – Fokus Würzburg
Seit dem 6. Dezember läuft das DES-Projekt Hochschulschriften das in Zusammenarbeit zwischen dem Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München und dem Verein für Computergenealogie e.V. gestartet wurde (der CompGen-Blog berichtete). Im fünften Teil der Serie informieren wir über die Fortschritte:
Die Zahl der fertigen Jahresverzeichnisse der „Deutschen Universitätsschriften“ erhöhte sich im März auf sechs. Neuzugänge auf dieser Liste sind die Jahrgänge IV und V. Sie beinhalten 3.974 Dissertationen und 63 Habilitationen, die zwischen 15. August 1888 und 14. August 1890 an einer deutschen Universität eingereicht und angenommen wurden. Ein Nobelpreisträger konnte für diese zwei Jahrgänge noch nicht ausgemacht werden.
Nun finden sich die Jahrgänge VI und VII für den Zeitraum 15. August 1890 bis 14 August 1892 neu in der Erfassung bzw. Korrektur.
Damals Spitze, heute Spitze?
Einsamer Spitzenreiter bei den Neuzugängen ist und bleibt die Berliner Universität mit 492 Dissertationen. Bei den Fakultäten führen die medizinische Fakultät Würzburg mit 369 Dissertationen, gefolgt von der Philosophischen Fakultät Leipzig mit 300 Dissertationen (Zahlen beziehen sich auf die zwei neuesten Jahrgänge; werden alle Jahrgänge betrachtet ändert sich die Reihenfolge nicht). Die Würzburger Medizin-Fakultät hat also über ein Fünftel aller neuen Medizin-Dissertation im akademischen Jahr 1888/89 hervorgebracht! Allerdings produzieren Würzburg und Leipzig kaum Dissertationen in den anderen Fachbereichen – der “Output” der produktivsten Fakultäten ist also der starken Konzentration geschuldet.
Auch heute noch gilt die Julius-Maximilian-Universität Würzburg als besonders stark in der Medizin; das bezeugen in heutiger Zeit zwei von fünf Würzburger Elitestudiengängen (ein besonderer Status in Bayern) in der Medizin. Drei teilweise in Würzburg ausgebildete Mediziner erhielten später den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin, nämlich Karl Landsteiner (1930), Hans Spemann (1935) und Harald zur Hausen (2008).
Es scheint also eine gewisse “Pfadabhängigkeit” zu bestehen: Eine Hochschule, die schon vor 130 Jahren stark in einer Disziplin war, ist es vermutlich heute noch. Für diese Pfadabhängigkeit gibt es Gründe: Ist eine Universität einmal an der Spitze, lohnt es sich sowohl für begabte Studenten als auch für forschungsstarke Dozenten, an diese Universität zu wechseln. Ein Beispiel dafür könnte Wilhelm Röntgen sein, der seinen Nobelpreis 1901 in Physik für ein sehr medizinisches Thema erhielt, denn er lehrte seit 1888 in Würzburg, aber stammt aus Preußen und wurde in Zürich promoviert. Allerdings gilt das Argument der wechselseitigen Anziehung nur für die jüngere Zeit; im ausgehenden 19. Jahrhundert ist die studentische Mobilität aus finanziellen und regulatorischen Gründen (Stichwort innerdeutsche Grenzen) längst nicht so hoch wie heute.
Auch bleibt unklar, wann genau eine Fakultät oder Universität „gut genug“ ist, dass ihr Erfolg eine selbst-erfüllende Prophezeiung ist. Unklar auch, was die Quelle des initialen Erfolgs ist, der eine Fakultät oder Universität von anderen abhebt. Es wäre spannend zu sehen, ob sich mit unseren Daten solche Fragen beantworten lassen.
Weitere Mitwirkende bei der Datenüberprüfung und -eingabe sind herzlich willkommen!
Informationen dazu findet man hier im GenWiki.