Längste Stammreihe der Menschheit
In der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift “Science” vom 25. Februar 2022 veröffentlichten A. W. Wohns u. a. eine Arbeit zum Thema menschliche Evolutionsgeschichte. Die Redaktionen von Reuters, Spiegel und der FAZ haben das Thema schnell aufgegriffen und über die längste Stammreihe der Menschheit berichtet.
Die massenhafte Sequenzierung moderner und alter Genome aus der ganzen Welt gibt uns neue Erkenntnisse zur Menschheitsgeschichte und der Evolution. Allerdings wurden unterschiedliche Methoden angewandt; Datensätze mit Abweichungen und Fehlern erschweren die Vergleiche. Jedes menschliche Genom enthält Segmente von Vorfahren unterschiedlichen Alters. Wie lässt sich die Ahnenverwandtschaft aus der Gesamtheit der menschlichen Genom-Variationen am besten charakterisieren?
Die Autoren wandten statistische und rechnergestützte Methoden an, um Stammbäume für alte und moderne Genome zu erstellen. Dabei werden auch fehlende und fehlerhafte Daten berücksichtigt. Mit Stichproben aus alten Genomen werden die Daten zeitlich und geografisch eingegrenzt. Aus 3.600 modernen und alten Genom-Sequenzen aus acht verschiedenen Genom-Datenbanken wird eine Darstellung von Haplo-Typ-Varianten und Abstammungslinien erstellt. Bereits veröffentlichte Daten aus über 100 Publikationen halfen, die Beziehungen einzuschränken und zu datieren.
Stammreihen zu Vorfahren
In einem Video werden die geschätzten geografischen Standorte moderner und alter menschlicher Vorfahren rückwärts in der Zeit dargestellt. Die Schätzungen basieren auf der “Baumsequenz” der genetischen Variation auf Chromosom 20. Die Punkte stellen Äste in der Baumsequenz dar, die die voraussichtlichen gemeinsamen Vorfahren zeigen, bei denen neue genetische Variationen erstmals auftraten. Wenn ein Punkt Nachkommen in mehreren Regionen hat, ist seine Farbe die Mischung aus den jeweiligen Farben der einzelnen Regionen. Der frei zugängliche Code für die Berechnung der Grafiken der Arbeit und dieses Videos ist für Experten hier zu finden.
Für Familienforscher, die ihre DNA bei einem der kommerziellen Gen-Test-Anbieter analysieren ließen, sind die dort gewonnenen Erkenntnisse vielleicht hilfreich für die Bestätigung von vermuteten Verwandtschaften zurück bis vor etwa 200 Jahren. Die Daten aus nur wenigen Positionen des Genoms taugen wenig für die wissenschaftlichen Untersuchungen der oben beschriebenen Art.