Kindertransporte nach Großbritannien 1938/1939
Das Wort „Kindertransport” ist in die englische Sprache eingegangen. Gemeint ist damit die Rettungsaktion für fast 10.000 jüdische Kinder, die aus Deutschland, Österreich, Tschechien und Polen in wenigen Monaten vor Kriegsbeginn nach Großbritannien gebracht wurden. Oft waren sie die einzigen Überlebenden des Holocaust in ihren Familien. Die ersten Kinder kamen am 2. Dezember 1938, wenige Wochen nach den Synagogenbränden und Pogromen am 9. November, in Harwich an. Die britische Regierung sorgte für die Visa-freie Einreise und die Unterbringung bei Familien und in Hostels.
Neu bei „Findmypast”
Das britische Nationalarchiv bewahrt die inzwischen digitalisierten Dokumente der Regierung aus der Zeit 1939–1945 zu den Kindertransporten nach Großbritannien auf. Sie geben Auskunft, wo und wann die Kinder in England angekommen sind. Leider sind die Unterlagen nicht vollständig. Es gab keine zentralisierte Organisation für die Einwanderung der Minderjährigen. Der Genealogie-Datenanbieter FindmyPast bietet jetzt die Einsicht in diese Digitalisate und die daraus extrahierte Daten: Das sind Name, Geburtsdatum und Geburtsort, Schiffsname, Ankunftshafen, Ankunftsdatum und weitere Informationen. Zusätzlich können auch die Adresse des Hostels oder der Familie, die ein Kind aufgenommen haben, der Schule oder des Arbeitgebers angegeben sein. Auch Wegzüge in ein anderes Land sind verzeichnet.
FindmyPast ist ein hierzulande noch wenig bekannter großer Anbieter von Genealogie-Daten aus Großbritannien. Auf der Webseite werden Volkszählungen, Standesamtsdaten, Passagierlisten, Zeitungen und weitere indexierte genealogische Daten zur kostenlosen Suche bereit gestellt. Die Anmeldung dazu ist kostenfrei. Nur für den Zugang zu den Bildern und vollständig indexierten Daten ist ein Abonnement nötig. Eine alternative Datenbank für die Suche ist Jewishgen.org, die nach Anmeldung kostenlos nutzbar ist.
Weitere Archive und Webseiten
Die umfangreichsten Listen mit Namen der Kinder sind bei der Association of Jewish Refugees (AJR) zu finden. Diese 1941 gegründete Organisation sammelt alle Informationen über jüdische Flüchtlinge, die vom Kontinent nach Großbritannien fliehen konnten: Etwa 70.000 Flüchtlinge, darunter die 10.000 Kinder aus den Kindertransporten. Weitere Organisationen wie The Kindertransport Association (KTA) halten die Erinnerung an das Schicksal der Kinder wach und organisieren Familientreffen, Informationsschriften und Oral History-Projekte. Der „Central British Fund for German Jewry” legte für jedes Kind, das mit einem Kindertransport nach Großbritannien kam, eine Akte an. Diese befinden sich heute in der Obhut des World Jewish Relief. Sie stehen der Forschung aber nicht zur Verfügung und können nur von den Betroffenen und ihren Familienangehörigen eingesehen werden.
Das deutsche Zeitzeugenprojekt „Kindertransporte aus Nordrhein-Westfalen“ informiert über die Geschichte der Transporte, insbesondere aus dem Rheinland und Westfalen und nennt viele Namen und Schicksale. Ausführliche Lebensgeschichten von 13 Zeitzeugen schildern das bewegende Leben dieser Kinder.
Vortrag zum Thema Kindertransporte nach Großbritannien in Gelsenkirchen
Am 24. November 2021, 18 Uhr hält Dr. L. Joseph Heid aus Duisburg einen Vortrag im Wissenschaftspark Gelsenkirchen mit dem Titel: „Gerettet – Die jüdischen Kindertransporte nach Großbritannien 1938/39. Ein Fallbeispiel“. Anhand eines Fallbeispiels beleuchtet der Referent in seinem Vortrag am Institut für Stadtgeschichte die jüdischen Kindertransporte nach Großbritannien 1938/39. Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gelsenkirchen e.V. statt.
Um telefonische Anmeldung unter 0209.169-8551 oder per E-Mail: isg@gelsenkirchen.de wird gebeten.