Die Weber von Nowawes
Die Brandenburger kennen den kleinen Ort Nowawes östlich von Potsdam. Es war eine Kolonie für die Weber und Spinner aus Böhmen. Friedrich der Große hatte sie nach Preußen eingeladen und 1750 die Siedlung für sie anlegen lassen. Für die streng religiöse Gemeinschaft der Böhmischen Brüder wurde das Zentrum als Dreieck angelegt, mit der Kirche in der Mitte. Der Ortsname ist die tschechische Version der gleich nebenan liegenden Siedlung Neuendorf, die später mit Nowawes vereinigt wurde.
Weber-Geschichte im Museum
Die Einwanderer erhielten für die Kinder Tschechisch-sprachige Lehrer und Pfarrer aus der Heimat. Aber die Assimilierung erfolgte schnell, zumal auch andere Handwerker sich hier ansiedelten, die Arbeit beim Bau des Neuen Palais im Park Sanssouci fanden. Das Weberdorf wuchs und damit auch die Zahl der Webstühle: Waren es noch 105 im Jahre 1759, so steigerte sich die Zahl bis 1797 auf 350, bis 1840 sogar auf 1.600. Ebenso schnell stieg die Bevölkerungszahl; von anfänglich 681 Einwohnern bis auf über 27.000 im Jahre 1924, als das Stadtrecht verliehen wurde.
Die wenigen, heute noch erhaltenen alten Kolonistenhäuser stehen unter Denkmalschutz, in einem davon ist ein kleines Museum untergebracht. Diese Weberstube erhielt am Internationalen Museumstag 2021 aus der Hand von Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle fast 13.000 Euro zur Digitalisierung ihrer Bestände, die dann auf www.museum-digital.de zugänglich gemacht werden sollen.
Ende des 19. Jahrhunderts wuchs die Industrie mit Textilbetrieben, Schuhfabrik, Stahl verarbeitende Industrie und die Schallplattenfirma Elektrola. Die ersten Filmstudios der Universum Film AG (UFA) entstanden in leer stehenden Fabrikhallen. Noch heute ist Nowawes die deutsche Filmstadt, aber “Babelsberger Filmstudios” ist der bekanntere Name. Seit 1939 gehört das Gebiet zu Potsdam.
Nowawes – genealogisch
Für genealogisch Interessierte gibt es einen großen Schatz im Stadtarchiv Potsdam: Die Stammtafeln Nowawes, die einst der Studiendirektor Bruno Schwarz aus Nowawes handschriftlich angelegt hat. Diese Tafeln, die aus Kirchenbüchern, Melde- und Weberakten erstellt wurden, sind bei FamilySearch verfilmt und digitalisiert. Sie umfassen den Zeitraum 1686 bis 1874. Die Namen aus den Stammtafeln werden auf der Webseite der “Brandenburgischen Genealogischen Gesellschaft ‘Roter Adler’ e. V.” aufgelistet, aber leider ohne Geburts- und Sterbedaten. Da sind die Listen auf der DB-Brandenburg-Seite von Norbert Henkel etwas reichhaltiger, und auf dieser Seite von Christoph Janecke gibt es die Namen der Siedler und der Prediger der Friedrichskirche in Nowawes.
Literatur:
A.[August] Wichgraf, Geschichte der Weber-Colonie Nowawes bei Potsdam. Berlin 1852
Karin Carmen Jung: Die Böhmische Weberkolonie Nowawes 1751-1767 in Potsdam-Babelsberg. Bauliche und städtebauliche Entwicklung. Berlin 1997