72. Westfälischer Archivtag am 17./18. März 2021 online
Zum ersten Mal fand der 72. Westfälische Archivtag als interaktive Online-Veranstaltung statt. Die beiden Tage standen unter dem Thema: Der Mensch im Mittelpunkt: Personengeschichtliche Quellen in Kommunalarchiven.
Eine ausführliche Berichterstattung ist im Blog des LWL Archivamts nachzulesen. Es gab Vorträge und zum Austausch Diskussionsforen und Fragerunden, aber auch Möglichkeiten zum Austausch in virtuellen Pausencafés über Wonder.me. Die Talkrunde mit Vertretern aus der Politik, Kultur und Archivar-Verband zu Beginn setzte das Ziel: Kultureinrichtungen für die digitale Welt gut aufstellen! Im Eröffnungsvortrag sprach Frau Almut Leh vom Institut für Geschichte und Biographie an der Fernuniversität Hagen über „Digitale Zeitzeugenschaft“ und die Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz im Archiv „Deutsches Gedächtnis“. Es enthält über 3000 archivierte Interviews von z.T. schon verstorbenen Interviewpartnern, die mit verschiedenen Werkzeugen und Spracherkennung untersucht werden. Im Online-Archiv „Oral History Digital“ können ausgewählte Inhalte angehört werden.
Rechtsfragen bei der Übernahme personenbezogener Akten waren Themen des ersten Tages. Das Archivgesetz muss den DSVGO-Anforderungen angepasst werden. Besondere Beachtung ist bei Akten von Opfern in der Gedenkarbeit nötig. Am Beispiel von Ausländerakten in Hagen werden besonders alte Akten als archivwürdig angesehen, währen bei jüngeren Akten eine Auswahl nötig ist.
Der zweite Tag stand unter dem Motto „Erschließung und Nutzung“, zu dem drei Vorträge gehalten wurden. Der erste Referent sprach über biografische Unterlagen und Nutzung der Gemeinsamen Normdatenbank (GND). Normdaten können auch in Archiven erstellt werden. Im zweiten Vortrag erläuterte die Versitzende des Vereins für Computergenealogie, Susanne Nicola, die Erschließung und Nutzung von personengeschichtlichen Quellen in Zusammenarbeit mit den Archiven. Sie stellte den Verein und sein Datenerfassungssystem DES vor, mit dem Crowdsourcing-Projekte zur Indexierung und Vollerschließung durchgeführt werden. Sie nannte die Erwartungen an die Archive als Kooperationspartner. Volker Hirsch und Julia Kathe vom Landesarchiv NRW gingen auf die Nutzererwartungen bei der Onlinestellung von Personenstandsregistern ein, Volker Hirsch auf die Zweitschriften der Personenstandsurkunden in Westfalen, die in Zusammenarbeit mit FamilySearch digitalisisert werden. Das Crowdsourcing-Projekt JuWel mit CompGen und WGGF erfasst die Juden- und Dissidentenregister bis 1875. Mit MyHeritage wurde ein Vertrag für die Erstellung von Namensindizes geschlossen, die nach Ablauf von zwei Jahren frei im Internet nutzbar werden.
In der Schlussrunde übte Roland Linde von der WGGF Kritik am mangelnden Zugang zu biografischen Quellen in Archiven, die nicht an Nutzer weiter vermittelt werden. Auch die unterschiedlichen Archivsysteme schrecken mögliche Nutzer ab.