Fake-Smile soll Familienforscher fangen
Als “Knaller” wurde es bei der RootsTech Connect präsentiert: MyHeritage kann alte Bilder nicht nur (nach)kolorieren und schärfen, sondern jetzt mit Deep Nostalgia (TM) auch noch Porträt-Fotos in Bewegung bringen. Die kostenlosen Angebote animierten inzwischen schon viele Familienforscher, ihre Ahnenbilder hochzuladen und automatisch manipulieren zu lassen. Viele Nutzer*innen waren von der nach links und rechts schauenden Vorfahrin oder einem grinsenden Napoleon so begeistert, dass in vier Tagen vier Millionen Bilder animiert wurden – bis der Server zusammenbrach.
Mit diesem kostenlosen Service will MyHeritage Interessenten an ihre eigentliche Dienstleistung, den Verkauf von Test-Kits für die DNA-Ahnenforschung und Jahresmitgliedschaften heranzuführen. Die über social media verbreiteten Kommentare ging von “super” und „wahnsinnig“ über „bewegend“ bis hin zu „irre“ und “gruselig”. Gleich “mit an Bord” war der rührige Genealogie-Aktivist Georg Palmüller, der zusammen mit Silvia da Silva, der Deutschland-Managerin von MyHeritage, in einem Facebook-live auftrat. Es steht nun als Video bei YouTube. Hier gibt er Tipps für die richtige Bildauswahl und verrät Tricks, wo man die derzeit zehn verschiedenen Animationsmöglichkeiten findet. Er selbst sei nun enthusiastisch dabei, die Fotos weiterer Vorfahren hochzuladen.
Für Deep Nostalgia (TM) nutzt MyHeritage KI, Künstliche-Intelligenz-Software, mit deren Hilfe Bewegungen eines Gesichts aus einem Video auf das Gesicht eines anderen Menschen übertragen werden. Dafür werden sogenannte Deepfake-Algorithmen genutzt. MyHeritage hat dafür Mitarbeiter bei solchen Kopfbewegungen gefilmt, die dann auf die eingesandten Fotos übertragen werden. Bekannt ist diese Technik schon länger und wurde z.B. auch auf Politiker oder Personen auf Gemälden oder Büsten (und andere z.T. unappetitliche Fake-Videos) angewandt. Das manchen sicherlich noch bekannte “Morphing” von Gesichtern war eine frühe Vorgänger-Technik.
MyHeritage arbeitet für den neuen Service mit der israelischen Firma D-ID zusammen, die eigentlich De-Identifikationssoftware z.B. für die Verkehrs- und Personenüberwachung entwickelt. In manchen Fällen werden die durch automatische Gesichtserkennung identifizierten Personen durch Unschärfe unkenntlich gemacht, um die Privatsphäre zu gewähren. D-ID wurde gegründet von Gil Perry, Sella Blondheim und Eliran Kuta, drei Veteranen der israelischen Militärnachrichtendienst-Elite-Einheit 8200. Sie bildeten ein Team von Experten für Deep Learning und Computer Vision von Weltklasse und sind heute führend in diesen Techniken, insbesondere in Bezug auf Gesichter: Synthese, Nachstellung und andere KI-Manipulationen.
Die neuen Deepfakes von MyHeritage haben auch das Ziel, Personenbilder zu manipulieren. Ich möchte eigentlich nicht die Bilder meiner Vorfahren verfälschen und manipulieren lassen. Missbrauch wie z.B. das Unterlegen von Sprache oder die Weitergabe der Bilder will MyHeritage ausschließen. Was aber die Nutzer mit den Deepfakes machen, bleibt offen. Übrigens: In manchen Staaten wie Australien ist das Verbreiten von Deepfakes verboten.