Online-Ortsfamilienbuch Chicago, St. Paulus
Der Niedersächsische Verein für Familienkunde e.V. (NLF) legt ein Ortsfamilienbuch für Chicago, St. Paulus (OFB) vor, welches sämtliche Taufen, Konfirmationen, Heiraten und Sterbefälle des ersten Kirchenbuches der Ersten Deutsch-Lutherischen St. Paulus Gemeinde in Chicago/Illinois umfasst. Die Einträge beginnen im Jahr 1846.
Das besondere an dieser Kirche ist, dass sie ganz zu Beginn der Geschichte von Chicago entstand und hier sehr viele Einwanderer aus Deutschland zumindest ihre erste Zeit in den USA verbracht haben. Das Kirchenbuch – und somit nun das OFB – zeugt davon, denn die Pfarrer der Kirche haben in sehr vielen Fällen den Herkunftsort und oft sogar das Geburtsdatum in Deutschland bei ihren Einträgen mit notiert. Das Kirchenbuch ist durchgehend in deutscher Sprache verfasst. Damit ist dieses OFB nun eine hervorragende Quelle zur weiteren Erforschung der Auswanderungen im 19. Jahrhundert von Deutschland in die USA. Es zeugt aber auch von den Bürden, mit denen die damalige Bevölkerung zu kämpfen hatte: Die Sterberegister berichten eindringlich von mehreren Cholera-Epidemien, von denen Chicago heimgesucht wurde und bei denen oft große Teile einer Familie innerhalb weniger Tage ausgelöscht wurden.
Die Entstehung dieses OFB ist auch eine Besonderheit: Es ist von einem Team aus NLF-Mitgliedern bearbeitet worden, wobei sowohl die erste Phase – die Abschriften der Einträge von den eingescannten Kirchenbuchseiten – als auch die dann folgende Zusammenführung der Personen aus den verschiedenen Einträgen zu Familienlinien vom ganzen Team online mittels des auf einem Vereinsserver installierten Programmes GEN_DO! durchgeführt wurde. Die Verkartung selbst lief in mehrern Arbeitsschritten ab: Hochladen der Scans, Vorbereitung der Abschriften (mit bereits voreingestellten Teilen der Abschrift), buchstabengetreue Abschrift des Eintrages, Übertragung des Inhaltes des Eintrages in eine strukturierte Datenmaske zum jeweiligen Ereignis (mit ebenfalls schon vorbelegten Daten z.B. zum Ort und zur Kirche), Prüfung der eingegebenen Daten und Freigabe durch die Projektleitung. Mit dieser Freigabe wurden zu jedem Eintrag die darin erwähnten Personen mit ihren Beziehungen (Familie, Paten, Trauzeugen, sonstige Beziehungen) als GEDCOM-Datensätze im Programm automatisch angelegt. Diese GEDCOM-Rohfassung diente dann in der zweiten Phase als Basis, um durch Verschmelzungen der in den verschiedenen Einträgen mehrfach erfassten Personen die Familienlinien darzustellen.
Die Online-Version des OFB weist gegenüber anderen OFB ein paar Besonderheiten auf: Es werden alle Kirchenbuchzitate als Abschrift mit gezeigt, so dass der Leser sich ein Bild machen kann, was in den Quellen stand und was wir daraus dann abgeleitet haben. Aufgrund der Vereinbarung mit dem Archiv in Chicago, welches uns die Scans zur Verfügung stellte und die Genehmigung der Veröffentlichung dieses OFB erteilte, dürfen die Scans selbst nicht online gestellt werden. In diesem OFB haben wir auch die Schreibweise der Orte so gelassen wie in der Quelle angegeben. Es kommt also vor, dass ein Herkunftsort in Deutschland in mehreren Schreibweisen auftaucht.
Wir haben bereits begonnen, insbesondere die Herkunft der Auswanderer aus Niedersachsen in den hiesigen Kirchenbüchern nachzuvollziehen. Das ist schon in einer Reihe von Fällen gelungen. Für diese Personen sind auch die Zitate aus den deutschen Kirchenbüchern eingearbeitet. Auch die Eltern der Auswanderer sind dann oft noch mit ergänzt worden. Diese Arbeit soll noch weiter fortgesetzt werden. Ebenso sollen auch Daten aus dem zweiten Kirchenbuch der St. Paulus Gemeinde in einem Folgeprojekt noch mit eingearbeitet werden. Das betrifft insbesondere die Taufen, die im ersten Kirchenbuch nur bis 1863 enthalten sind, während die anderen Ereignisse deutlich darüber hinaus im ersten Kirchenbuch stehen.
Wir nehmen weitere Ergänzungen, insbesondere zu der Herkunft der weiteren, noch nicht über deutsche Quellen identifizierte Auswanderer, gerne entgegen. Für einen Einbau in das OFB bitten wir dabei um möglichst genaue Quellenangaben – möglichst auch mit einer Abschrift des jeweiligen Eintrages aus der zitierten Quelle oder einem Scan.
Aktuell läuft ein zweites NLF-Projekt nach dem selben Muster: Die Verkartung des Kirchenbuches der deutschen evangelisch-lutherischen Zions-Gemeinde Baltimore. Auch hier sind wieder die deutschen Auswanderer der Schwerpunkt bei den damaligen Kirchenmitgliedern.
Albert Emmerich