Historische Orte
Wenn, wie kürzlich ein Kollege schrieb, die Quellenverwaltung das Herzstück jeder Genealogie-Software ist, so folgt ihr die Ortsverwaltung doch wenigstens auf den Fersen. Was wäre die Lebensgeschichte unserer Vorfahren ohne Kenntnis der Orte, an denen sie lebten und wirkten, von denen sie abwanderten, zu denen sie sich hinwandten. Orte verändern sich im Lauf der Geschichte, obwohl ihr Namenskern bleibt. Eingemeindete Orte verschwinden aus den Nachrichten, aufgelassene oder verlassene Orte werden zu Wüstungen, von denen oft nur Spezialisten wissen.
Mit welchen Ortsnamen befüllt der Familienforscher seine Datenbank? Vor einem Jahrzehnt waren viele unserer Zunft von der Postleitzahl als Ordnungskriterium überzeugt. Es mutet aber seltsam an, eine zeitbedingte Verwaltung als Ordnung für zurückliegende und kommende Jahrhunderte zu nehmen. Vermessungs- und Informationstechnik schenkten uns die Georeferenzierung. Sie ist als GPS aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es gibt mehrere Wege, sie für die Genalogie anzuwenden.
Orte finden mit GOV
Nicht jeder Ort ist zunächst einfach zu finden. Gwipela Frisius, ein Friese aus Gwipelum. Vor Jahren brauchte es lange bis zum hilfreichen Hinweis auf das gewaltsam latinisierte Wüppels. Das findet Google nun leicht. Nicht aber die Wüstung Culmitzsch, wo um 1860 Pfarrer Kaphahn wirkte.
Bevor man sich als Detektiv versuchen muss, bietet das Geschichtliche OrtsVerzeichnis (GOV) eine gute Chance, fündig zu werden. Je mehr Familienforscher sich hier ehrenamtlich einbringen, je geringer dürften die Klagen zu Unvollständigkeit und Fehlern werden. Das erwähnte Culmitzsch ist nun dort zu finden, und bei Wüppels hat ein Kollege sogar Gwipelum hinzugefügt. Vom GOV aus kann man jeden über Koordinaten eindeutig definierten Ort nun mittels verschiedener Kartensysteme anschaulich machen. Aus den Angeboten sticht das Virtuelle Kartenforum 2.0 heraus. Etwa 9000 historische Karten, davon viele im günstigen Maßstab 1:25.000, ermöglichen per Übereinanderlegen mit heutiger Karte, Schieberegler und Zoom den Vergleich von früher zu jetzt.
Mit eigenen Einträgen GOV zu verbessern, gilt gemeinhin als schwierig. Regional veranstaltete GOV-Seminare haben diese Hürde jetzt tiefer gelegt. Über Youtube-Aufzeichnungen solcher Veranstaltungen kann man dem praktischen Tun folgen. Hier gelingt es einem unserer Kollegen, die Kirche seiner Gemeinde für alle auffindbar zu machen.
Im Demo-Video werden die GPS-Daten per Open-Street-Map definiert. Es gibt weitere Methoden, punktgenaue Koordinaten für einen Platz zu ermitteln. Auf Google-Maps – das ist einfach, aber nicht allgemein bekannt – bedient man die rechte Maustaste und folgt der Frage ’Was ist hier?‘. Am unteren Rand der Karte erscheinen dann die GPS-Werte. Dasselbe erreicht man mit http://mapper.acme.com oder http://www.geonames.org/.
Ortsdaten erfassen und anschaulich publizieren
Genealogieprogramme folgen mit ihrer Ortsverwaltung unterschiedlichen Konzepten. Für solche, die GPS-Daten aufnehmen können, liefert CompGen die sogenannte Mini-GOV. Damit ist die Datenübernahme für viele Orte einfach. Fehlende Koordinaten ermittelt man dann nach einer der zuvor beschriebenen Methoden.
Für Publikationen wird eine Programmausgabe meistens nicht ausreichen, so dass man andere Dienste braucht. Über der Bequemlichkeit mit Google (Google My maps) vergisst man leicht, dass der kostenlose Gebrauch des Dienstes natürlich auch fehlende Verbindlichkeit bedeutet. Wie lange wird der kostenlose Service angeboten? Fragen zum Layout-Geschmack und ggf. zum Copyright kommen hinzu.
Eine leicht zu handhabende und ansprechende Möglichkeit für thematische Darstellungen, zum Beispiel Wanderungsbewegungen, bietet das kommerzielle StepMap. Hierzu gab es im Magazin Computergenealogie, Heft 1/2018, einen überzeugenden Artikel.
Natürlich braucht es Geduld, Ausdauer und ein wenig Freude an Tüftelei. Der Lohn sind überzeugende Ergebnisse.